2. Der Goori ... und der Kaminbrand
In Wiler lebte einst das kinderlose Ehepaar Gregor und Viktoria Roth. Der Gregor, nicht gerade der Gescheiteste aber durchaus schlau, wurde überall nur Goori genannt. Seine Viktoria war eine unsichere Haushälterin, aber sie hatte eine fürchterliche Angst vor dem Feuer. Jeden Abend, bevor sie ins Bett ging, warf sie noch einen Blick durch den Kamin, ob da ja kein Fünklein herumschwebe.
Eines Tages entdeckte sie bei der üblichen Nachschau zuoberst im Kamin das gefürchtete Feuer. Sogleich rief sie ihrem Gemahl: „Komm, Goori komm! Wir haben Feuer im Kamin.“ Wie der das hörte, sprang er mit einem Satz aus dem Bett bis zur „Trächa“ neben seine Viktoria. Und auch er sah das Feuer. Schnell nahmen sie ein paar alte Gewänder und Tücher, banden sie an eine lange Latte, stiessen diese in den Kamin und rieben und rieben mit der Stange, aber das Feuer wollte einfach nicht erlöschen – bis endlich der Mond unterging. Im gleichen Moment erlosch auch das Feuer und die beiden abgearbeiteten Eheleute merkten endlich, dass der Mondschein ihren Kaminbrand verursacht hatte, und gingen müde, aber beruhigt, zu Bett
Der Goori...
...und das goldene Tier
Als Goori einmal nach Siders an den Viehmarkt ging, fand er unterhalb Goppenstein ein goldenes Tier. Seine Begegnung mit dieser Kreatur lassen wir ihn am besten selbst schildern: „Wie ich in der Schlegmatte vorbei gekommen bin, habe ich schon von weitem etwas glänzen und glitzern sehen. Als ich näher gekommen bin, lag da eine Kreatur am Boden, wie ich in meinem ganzen Leben noch keine gesehen habe. Ganz einen runden Leib und einen langen Schwanz hatte sie, und alles glänzte wie Gold. Ich habe das Tier lange betrachtet und mich besonnen, wie ich es fangen könne, ohne das es mich beissen würde. Endlich ist es mir in den Sinn gekommen, dass ich das Tier am Schwanz aufheben könnte; so konnte es mir nichts zuleide tun. Genau so habe ich‘s gemacht und dann habe ich das Ding richtig angeschaut. Bewegt hat es sich nicht, aber ich habe gehört, dass es lebte und dass ihm der Puls schlug, schön im Takt: „Tiggin-Täggin“, „Tiggin-Täggin“. Als es nicht aufhören wollte, bin ich zornig geworden und habe ihm gesagt: „Warte nur, ich will dir „Tiggin-Täggin“ schon austreiben, und habe mit einem Stecken so lange auf das Tier eingeschlagen, bis ihm die Kutteln herausgefallen sind. Zum Beweis bringe ich hier noch die Haut und den Schwanz vom Tier.
Der Goori...
...und die Schönheit
Als der Goori einmal nach Gampel kam, ging er halb verdurstet und todmüde in die erstbeste Wirtschaft, wo er das erste Mal in seinem Leben in einen Spiegel schaute. Anderntags erzählte er daheim seiner Frau und auf dem Dorfplatz all seinen Freunden: „Gestern habe ich in Gampel in der Wirtschaft den wüstesten und hässlichsten Mann hinter einem Glas eingesperrt gesehen, wie ich noch keinen in meinem ganzen Leben gesehen habe. Der wäre dann hässlich und grässlich genug gewesen für einen Teufel, wenn er nur noch Hörner gehabt hätte.
Der Goori meint zur Sache: Macht euch nur lustig über mich ...!